Texte, Bilder und was sonst noch so abfällt

Arthur Glaubig ist flackerndes interdisziplinäres Kunstkollektiv im Umbruch und das letzte stabile Individualuniversalgenie zugleich.

Graffiti auf einer Bahnhofstoilette

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  • Renitenzkompetenz
    Zwischen dem Hier und dem Jetzt ist immer noch Zeit für eine Coachingsitzung

Es gibt doch schon alles

Aus dem Regal gegriffen. Das Coaching hatte ihn dazu verleitet, einfach irgendwas zu unternehmen, um seinen Alltag für die Jobsuche produktiv zu machen und ihm so lange spontane Ideen und Verwerfungen aus der Nase gezogen, bis ausgerechnet ein Literaturblog übriggeblieben war, dabei wollte er doch Essays schreiben, warum hatte er nur privates Blog und Drehbuchblog gesagt, aber nicht Essayblog, auch nicht Kunstblog, Theaterblog oder Philosophieblog, nein, ausgerechnet Literaturblog hatte er sagen müssen, weil sie ja von seinem Alltag ausgegangen waren, und er las nunmal gerade Literatur, und ja, er hielt seine Eindrücke dazu auch in kurzen Texten fest, aus denen sich, und das wäre die Aufgabe, durch Professionalisierung zumindest erträgliche Besprechungen formen ließen.


Aber Richtungsentscheidungen, Marktanalysen, Alleinstellungsmerkmale, Nischenbewusstsein, das wurde alles auf die lange Bank geschoben, bis zum immerwährenden jüngsten Gericht, als hätte es noch nie ein Literaturblog gegeben, als würden sich die Entscheidungen ganz von allein treffen, dabei war doch jedes einzelne Wort ein Schlüssel größter kompositorischer Tragweite. Aus dem Regal gegriffen, das war etwas Zufälliges, gleichzeitig eine Wiederholung, er fand es beinahe beleidigend gegenüber Neuerscheinungen und kuratorischer Sorgfalt, so hatte er es jedenfalls gemeint, als gäbe es in irgendeinem Keller noch verkannte Meister zu entdecken, obwohl er sich für diesen Anspruch dann doch sehr wenig aus dem Fenster lehnte.

Aber er wollte ja keine Bücher verkaufen, sondern beweisen, dass er schreiben konnte. Je länger er darüber nachdachte, desto stärker wollte er sich auf Essays konzentrieren statt auf Bücher, denn Essays bildeten doch eine Königsdisziplin unter den journalistischen Textgattungen und einen Joker unter den literarischen. Aber Essays brauchten Ideen, die konnte man nicht einfach aus dem Regal greifen, das heißt, Montaigne lag tatsächlich noch griffbereit in seinem Regal, aber die heutigen Themen – alle Themen – waren doch so ausgelutscht, omnipräsent und von volkischem Geplapper zerredet, aber ja, er würde noch einmal darüber nachdenken.

Es fiel ihm bloß so schwer, von der Metaebene herabzusteigen in das Gewühl.

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